Das Centre social et culturel la Garde in Marseille lud vom 26.-29.09.24 zu einem Workshop im Rahmen des Projekts „Mauern im Kopf – das Andere entdecken“ ein. Die Gäste aus Belgrad, Sofia und Berlin wurden ungewöhnlich herzlich empfangen. Das Programm war vielfältig, der Austausch lebendig und intensiv.
Zum Auftakt erfuhren die Gäste von den Mitarbeiterinnen und den rund 20 in das Projekt involvierten Ehrenamtlichen, dass die Arbeit des Stadtteilzentrums durch einen personell umfänglichen Vorstand getragen wird, in dem maßgeblich die Bewohner/innen aktiv sind, und dass die Aktivitäten auch von ihnen vorgeschlagen bzw. entwickelt werden. Der Dreiklang „Menschenwürde – Solidarität – Demokratie“ und der Anspruch, „sozial und partizipativ“ zu sein, sind keine Worthülsen, das war schnell zu spüren – und zu schmecken. Das reichhaltige Buffet war von den Ehrenamtlichen kreiert worden. Jede/r hatte etwas mitgebracht. „Gelungene Integration“, konstatierte einer der Gäste, und meinte damit sowohl die verschiedenen kulturellen Herkünfte der Bewohner/innen als auch das Miteinander der Generationen.
Anschließend erkundeten die Teilnehmer/innen in gemischt-sprachlichen Gruppen besondere Orte der Stadt Marseille. Sie hatten dafür eine Mappe mit Abbildungen der Gebäude, Erklärungen auf Englisch und Französisch sowie Hinweise auf Filme erhalten, die in Zusammenhang mit der Stadt stehen. Nicht wenige der beteiligten Marseiller kamen dadurch selbst in Stadtteile, die sie sonst kaum aufsuchen. Das Lernen über das gemeinsame Entdecken machte allen sichtlich Spaß, und die Teilnehmer/innen fanden auf lockere Weise zueinander. Eine der Rückmeldungen war: „Ich habe mir Franzosen anders vorgestellt. Ihr seid so herzlich und offen.“
Und auch Theater bringt Menschen auf besondere Weise zusammen. Das war zu spüren, als eine Schauspielerin und Theaterpädagogin der serbischen Partnerorganisation, des Plavo-Theaters, in die Welt der spontanen, freien Körpersprache entführte. Was als „kolumbianische Hypnose“ harmlos klingt, wurde z.T. recht wild und voller Phantasie und Spielfreude gestaltet. Die Aufgabe war einfach: Die Teilnehmer/innen kamen in Paaren zusammen, eine/r macht Bewegungen, die andere Person imitiert sie. Das konnten gern auch diverse Grimassen, Spagat, bauchtanzähnliche Körperdrehungen u.s.w. sein. Mit dem Augenmerk auf der Kraft von Körpersprache intendiert das Plavo-Theater, „Masken der Normalität“ und der (Selbst-)Entfremdung zu unterwandern – auf dass Menschen ihren eigenen Ausdruck wählen und sich begegnen.
Dies leitete über zur Arbeit an der gemeinsamen Performance bzw. dem Happening, das in einem Jahr in Berlin stattfindet. Die Partner eignen sich das Projektthema über verschiedene Methoden an: Zeichnen und Bildende Kunst, Film, Literatur und Theater. Sie entwickeln eigene Beiträge, und Schritt für Schritt werden sie verbunden. Wahrscheinlich tänzerisch und ein bisschen theatralisch.
Wenn Menschen verschiedener Länder zusammenkommen, gibt es Fragen. Die Marseiller/innen hatten eine lange Liste vorbereitet. Sie reichten von „Warst du schon einmal in Frankreich?“ über „Wie funktioniert das Bildungssystem?“, „Wie funktioniert das Gesundheitssystem?“, „Wie steht es um die soziale Sicherheit?“ und „Was würdest du in deinem Land gern verändern?“. An Wissensimpulsen und Gesprächsthemen gab es daher keinen Mangel – sowohl in den Kleingruppen als auch bei der Vorstellung der Ergebnisse.
Feedback von zwei Teilnehmerinnen: „Ich verlasse Marseille mit einem Herzen voller guter Momente und wunderbarer Erinnerungen.“ „Ich möchte euch allen für euer Engagement, eure Entschlossenheit und euren Einsatz für dieses Europaprojekt danken, das uns eine unvergessliche und sehr bereichernde Zeit […] ermöglicht hat.“