Während eines Workshops vom 15.-18. Mai 2025 in Belgrad konnten 16 Beteiligte aus Frankreich, Bulgarien, Deutschland und Serbien die Kraft von Körper, Bewegung und Stimme erfahren, Neues ausprobieren, Blockaden überwinden und voneinander lernen. Die Gruppe arbeitete auch an einer gemeinsamen Performance, die über Theaterszenen, Videocollagen und Zeichnungen zum Nachdenken über Mauern, Mauern im Kopf und Entdeckungsfreude einlädt.



Kein ‚klassisches‘ Theater
Theater, das muss nicht Shakespeare und das Lernen von Rollentexten sein, die andere geschrieben haben. Das Plavo-Theater in Belgrad macht Theater in Anlehnung an Jerzy Grotowski und andere. Dabei liegt das Augenmerk auf dem Körper und seiner Ausdruckskraft. Das konnten die Teilnehmer/innen bald spüren.
Beispielsweise bei dieser Übung: Die Gruppe stand im Kreis. Eine Person ging in die Mitte und sollte eine kraftvolle Bewegung machen. Dazu ein ebensolches Geräusch. Die gesamte Gruppe machte es nach. Drei verschiedene Körper-Laut-Kombinationen pro Person, jedes Mal tat es die Gruppe ihr nach. Manche mussten sich dazu erst überwinden. Alle machten mit. Es war befreiend.
Das Projektthema wurde mit dem Spielen der freien, raumgreifenden Rede verbunden. Jede/r sollte einen Aspekt zu „Mauern im Kopf – das Andere entdecken“ wählen. Dann lief die Gruppe durch den Raum. Alle trugen in Gedanken ihre Assoziationen und Überlegungen dazu zusammen. Sodann stellte Masa Jelic, die Schauspielerin und Theaterpädagogin des Plavo-Theaters, drei Stühle in die Mitte. Die darauf Platz nahmen, sprachen so, dass sie die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich ziehen konnten. In der eigenen Muttersprache. Denn das Wort war weniger wichtig. Wohl aber Mimik, Gestik, Sitzhaltung, Tonlage, Höhen und Tiefen des Redeflusses. Und dessen Dauer. Beim unweigerlichen Atemholen oder einem kurzen Innehalten kam die Chance für die anderen. Sie ergriffen das Wort. Alle ‚überzeugten‘ auf ihre Weise, und zusammen mit dem Publikum hatten die Teilnehmer viel Spaß.



Performance oder: Variationen eines Themas
Solchermaßen in Bewegung versetzt, stellten die Projektpartner ihre Beiträge für die gemeinsame Performance vor, die im Oktober in Berlin öffentlich aufgeführt wird. Die Berliner Gruppe hatte drei Theaterszenen entwickelt, die zu verschiedenen Zeiten angesiedelt sind: 1561, 1961 und 2061. Die Bulgarinnen haben der Gruppe Zeichnungen und Bilder von Skulpturen zum Projektthema vorgestellt. Die Französinnen gaben ihrer Presentation einen Workshopcharakter. Verschiedene Bilder zu „Mauern“, „Mauern im Kopf“ und „das Andere entdecken“ wurden ausgelegt. Die Teilnehmer/innen wurden gebeten, darüber nachzudenken, wie sich ihr Verständnis des Projektthemas vom Projektbeginn bis zu diesem Workshop entwickelt hat. Was haben sie gelernt? Was war ihnen anfangs wichtig? Was ist es heute? Jede/r sollte eines der Bilder wählen und sich dazu äußern. Die Statements wurden mit der Kamera aufgezeichnet. Daraus entsteht eine multimediale Interviewcollage.
Und wie sollen diese so unterschiedlichen Beiträge zu einer Performance zusammengeführt werden? Dazu wurden Ideen und ein Skript entwickelt. Die Schauspieler und Tänzer des Plavo-Theaters werden die Elemente beziehungsreich zu verweben wissen…



Mauern überwinden
Das Projekt bringt Menschen zusammen. Solche, die es sich sonst nicht leisten könnten, auf Reisen zu gehen. Und solche, die beeinträchtigt sind, indem sie zum Beispiel nicht hören und mit Worten sprechen können. Sie alle gaben und geben mit ihren unterschiedlichen Mitteln dem Projektthema kreativ Ausdruck. Es lag förmlich in der Luft: Das Theater half eigene, innere Mauern zu überwinden. Und all die Inspirationen boten Anstöße, europäisch zu denken und dabei die Menschen im Blick zu behalten.


