«Unsere Gesellschaft ist auf Erfolg aus. Doch Scheitern gehört genauso dazu. » Und: «Wir sind ein Ort für Leute, die in ihrer Kunst gut sind. Aber die Praktisches oft nicht hinbekommen. » Mit diesen Worten umreißt Adam Gusowski die Idee des Clubs der polnischen Versager.
Eine Gruppe von knapp 20 Interessent/innen folgte am 6. Juni 2024 den Ausführungen des Clubgründers. Mit ihrem Sinn für Ironie, Witz und zugleich Tiefgründiges hatten er, Pjotr Mordel und andere Mitstreiter den Club am 1. September 2001 um 5.45 Uhr damals in der Torstraße in Berlin-Mitte eröffnet. Sie richten ihren Blick auf Gruppen in der Bevölkerung, die den gängigen Vorstellungen von Erfolg (= Geld, Marktkompatibilität) nicht entsprechen. Die aber dennoch etwas mitzuteilen haben.
Versagen – ein erfolgreiches Konzept
Seither lädt der Club zu Theater, Musik, Filmen, Diskussionen und zahlreichen Satireshows ein. Polinnen und Polen sind unter den Besuchern inzwischen in der Minderheit. Der Club ist offen für alle und zieht Leute aus aller Welt an. Durch den Erfolg der «Versager» hat das Versagen einen positiven Beigeschmack erhalten. Das sagt allerdings nicht Adam Gusowski, dafür ist er zu bescheiden. Doch die gelebte charmante, humorige Würdigung des Scheiterns lässt nicht nur an das Wort «gescheiter|t» denken. Die Persiflage auf das Erfolgsdenken, auf gängiges Denken überhaupt, öffnet den Horizont für verschiedene Dimensionen von Erfolg – auch über jene hinaus, die aktuell favorisiert werden. Und sie gibt den Blick frei auf die Frage danach, was wesentlich ist. Darin spiegelt sich auch die Bedeutung des polnischen Wortes « Nieudacznik“ („Versager“). Sie meint zum einen das Misslingen. Zum anderen, dass Menschen wieder aufstehen – und dass andere da sind, die ihm/ihr dabei helfen.
Die Teilnehmer/innen fragten unter anderem nach der Geschichte des aktuellen Ortes in der Ackerstr., direkt neben dem Schokoladen. Der Club kann als selbstverwaltetes Projekt bestehen, weil eine Schweizer Stiftung das Haus erworben und es so dem Berliner Wohnungsmarkt entzogen hat.
Und wie sehen die Gründer auf die Situation in Polen?
Der Einfluss der katholischen Kirche sei weiterhin sehr groß; bedauerlicherweise gäbe es keine Linke, so dass das Parteienspektrum nicht allzu breit gefächert sei. Die polnische Gesellschaft sei so gespalten wie andere auch. Die hohe Beteiligung bei den Präsidentschaftswahlen im November 2023 war hoch, dass lasse auf ein stärkeres politisches Interesse hoffen.
Es war deutlich zu spüren : Der Austausch mit Adam Gusowski und zwischenzeitlich auch Pjotr Mordel hatte etwas Erleichterndes für die Teilnehmer/innen. Vielleicht, weil jede/r mal die Erfahrung von Versagen (und Aufstehen) gemacht hat.
Eine Veranstaltung im Rahmen des Projekts STIMM_BILDUNG – Mitbestimmung und Mitwirkung im europäischen Horizont, gefördert von der abriporta Stiftung.